Vier Verletzte und 150000 DM
Schaden bei Wohnhausbrand
Sarstedt,26.07.96,(me) Vier Verletzte und einen
Sachschaden von etwa 150 000 Mark forderte ein Brand in der Heimgartenstraße 13. Der
Brand war am ungeklärter Ursache etwa um 23.30 Uhr im Keller ausgebrochen und nach gut
einer halben Stunde Löscheinsatz unter Kontrolle. Einige Hausbewohner retteten sich mit
einem Sprung aus dem Fenster. Probleme bereiteten auch falsch parkende Autos.
Die Drehleiter reichte nicht bis an die Fenster im
zweiten Obergeschoß, weil eine Garagenreihe die Zufahrt
auf den Hof verhinderte.
Auch Falschparker behinderten den Löscheinsatz.
„Wir haben noch kurz zuvor draußen gesessen, da war noch
nichts zu merken“, erinnert sich die Nachbarin Maria Niemeyer. Unter dem Partyzelt
vor dem Eingang hatten die Freunde aus dem Wohnblock am Donnerstag abend feiert. Kurz vor
19 Uhr verabschiedeten sie sich, um ins Bett gehen.
Trautlinde Franke hatte sich gerade ins Bett gelegt, als es an der
Tür Sturm klingelte. Das war Maria Niemeyer. Sie hatte die Rauchschwaden aus dem
Nachbarhaus dringen gesehen und war rasch hinübergelaufen, um die neun Wohnparteien zu
warnen. „Feuer, Feuer, kommt raus, es brennt“ rief sie in das Haus.
Für einige der zwölf Menschen in dem dreigeschossigen Gebäude, so
etwa für Axel Niklowitz, reichte es noch zum Ankleiden und zur Flucht durchs Treppenhaus.
Doch die dicken Rauchschwaden, die mittlerweile aus dem Keller bis zum Dachgeschoß
hinaufstiegen, bissen in die Lungen. Trautlinde und Siegfried Franke und ihre 17jährige
Nichte, die gerade zu Besuch war, zogen deshalb nur notdürftig bekleidet den Sprung aus
dem Fenster dem Fluchtweg über die Treppe vor. Aus etwa 1,90 Meter Höhe sprangen sie in
den grünen Innenhof. Am gestrigen Morgen mußte Siegfried Franke mit einem verstauchten
Knöchel zum Arzt.
Maria Niemeyer (zweite von Links) sah die
Rauchschwaden und warnte ihre Nachbarin
im Haus 13. Dazu gehörte auch Trautlinde
Franke (rechts), die sich nicht mehr
anziehen konnte.
Unterdessen kam auch die Sarstedter Feuerwehr mit all ihren
Fahrzeugen und Einsatzkräften. Die große Drehleiter, die zwar 30 Meter lang ist und bis
ins siebte Obergeschoß reichen soll, konnte nicht bis an das oberste Geschoß
heranreichen. Der Innenhof ist mit einer Garagenreihe versperrt. Im Fenster aber stand
laut rufend die 8ljährige Else Seibt. Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Der
Weg durchs Treppenhaus war ausgeschlossen zumal die alte Frau nach einer Beinoperation
leicht gehbehindert ist.
Tiere gerettet
Nachbarn versuchten, die Frau am Fenster zu beruhigen. Sie wußten,
daß schon längst Feuerwehrleute mit Atemschutzmasken auf dem Weg zu ihr waren. Minuten
später konnte auch Else Seibt gerettet werden – ebenso wie drei weitere Menschen, die
sich Rauchvergiftungen zugezogen hatten. Zwei Personen mußten stationär im Krankenhaus
aufgenommen werden. Insgesamt waren zwei Rettungswagen und ein Notarztwagen eingesetzt.
Auch für die Tiere im Haus – hier leben Vögel, Hunde, Katzen und zahme Ratten – kam die
Rettung durch Nachbarn noch zur rechten Zeit.
Inzwischen füllte sich die Straße. Aus der gesamten Nachbarschaft
strömten die Menschen zusammen. Doch es war weniger Schaulust als Mitgefühl zu spüren.
So kamen auch die Bewohner des Hauses 13 innerhalb kürzester Zeit bei Freunden,
Verwandten und Nachbarn unter. Deshalb war auch das Bemühen der Polizei und Feuerwehr,
einen Verantwortlichen der Stadt zu finden, um die Obdachlosen in Unterkünfte einweisen
zu können, letztlich unnötig. Immerhin war es innerhalb weniger Minuten gelungen,
Stadtdirektor Karl-Heinz Wondratschek an den Ort des Geschens zu holen.
Vier Menschen mußten nach dem Brand mit
Rauchvergiftungen ins Krankenhaus gebracht
werden. Darunter war auch die 81jährige Else
Seibt, die am Fenster im zweiten Obergeschoß
lange Zeit um ihr Leben fürchtete.
Die Löscharbeiten gestalten sich nach Angaben der Sarstedter
Feuerwehr schwierig. Zum einen behinderten parkende Fahrzeuge die Zufahrt zu dem Haus.
Dann mußte ein Auto, das auf einem Unterflur-hydranten geparkt war, von muskelstarken
Feuerwehrmänner erst beiseite gehoben werden, bevor die Schläuche angeschlossen werden
konnten. Dann jedoch reichten zwei C-Rohre aus, um den Brandherd – Gerümpel und
Autoreifen – unter Kontrolle zu bringen. Unbestätigt blieben Gerüchte, es habe sich auch
Benzin im Keller befunden.
Über die Brandursache wußte die Polizei gestern auch noch nichts
zu berichten. Hausbewohner hatten die Vermutung geäußert, daß der Brandherd im
Heizungskeller liegen könnte. Zeugen sprachen von „einer Reihe von kleinen
Explosionen“. Auch Maria Niemeyer und Trautlinde Franke wollen „einen lauten
Knall und danach mehrere kleinere“ gehört haben.
Für die Sarstedter Feuerwehr endete der Einsatz mit 60 Personen
(sowie Zehn der Ortswehr Giften und zwölf aus Hotteln) erst gegen 3 Uhr morgen. 30
Feuerwehrmänner waren mit schweren Atemschutzgerät eingesetzt worden. Ein Gerätewagen
der Feuerwehrtechnischen Zentrale in Groß Düngen kam zum Einsatzende nach Sarstedt, um
die verbrauchten Gasflaschen wieder aufzufüllen.