Am Donnerstag 16.03. wurde nach über einjähriger Erstellungsphase der Entwurf des Feuerwehrbedarfsplans für die Stadt Sarstedt im Rahmen einer Sitzung des Ausschusses für Sport, Heimatpflege, Feuerschutz und Sicherheit vorgestellt. Dipl. Ing. Jochen Siepe, der Firma Saveplan hat die Inhalte dem Ausschuss und der Feuerwehr vorgestellt. Nun können Politik und Feuerwehr sich mit dem Plan beschäftigen, bevor eine endgültige Fassung voraussichtlich im Juni durch den Stadtrat verabschiedet wird.
Bericht der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung vom 18.03.2017, Viktoria Hübener
Junge Helfer in alten Wachen
Bedarfsplan vorgestellt: Feuerwehrhaus Giften fällt durch, Wehren arbeiten schnell und gut
Die Feuerwehr Sarstedt erfüllt ihre Aufgaben gut. Allerdings lassen Feuerwehrhäuser und Fahrzeuge zu wünschen übrig. So lautet der Extrakt aus dem neuen Feuerwehrbedarfsplan. Das Werk skizziert die Anforderungen, mit denen sich die Wehren in Kernstadt und Ortsteilen in den kommenden fünf Jahren auseinandersetzen müssen.
Das Gute zuerst: Die Freiwillige Feuerwehr Sarstedt ist „leistungsfähig“, kurzum: Die Helfer erfüllen ihre Aufgaben. Zudem sind die 211 aktiven Frauen und Männer jung – das Durchschnittsalter liegt bei 36 Jahren. Überalterung spielt noch keine Rolle. Zudiesem Urteil kommt Jochen Siepe von der Hildener Firma Saveplan. Im Auftrag der Stadt hatte der Ingenieur die Arbeit der Feuerwehren untersucht und einen Bedarfsplan erstellt, den er am Donnerstagabend im Feuerschutzausschuss vorstellte. Demnach rückten in den vergangenen Jahren die Einsatzkräfte durchgängig rechtzeitig in der erforderlichen Stärke aus. In 90 Prozent der Fälle waren die ersten Kräfte in den empfohlenen zehn Minuten nach dem Alarm vor Ort, meist sogar eine Minute schneller. Ausgerückt wird mit dem Löschfahrzeug spätestens nach sechs Minuten.
Und das bei einem „leichtaufsteigenden Trend“ in Sachen Einsatzaufkommen. Durchschnittlich 210 Mal pro Jahr mussten die Wehren seit 2004 ausrücken, am häufigsten in der Kernstadt (81 Prozent). 88 Mal als „zeitkritisch“ eingestuft, kam es auf jede Sekunde an. Dabei ist die Zahl der Brände stagnierend, Hilfeleistungen wie das Beseitigen von Ölspuren oder Einsätze bei Unwetter schnellten jedoch nach oben.
Weniger zufriedenstellend verhält es sich mit dem baulichen Zustand einiger Feuerwehrhäuser. Während sich Sarstedt und Ruthe – dort wird nur eine Unterstellmöglichkeit für den Mannschaftstransportwagen (MTW) empfohlen – nicht verstecken müssen, fällt das Feuerwehrhaus Giften durch. Ein Großfahrzeug passt zwar rein, von ausreichendem Abstand ist dann aber nicht mehr die Rede. Beengte und fehlende Räume, weder Lagermöglichkeiten noch Alarmparkplätze, schwindende Bausubstanz: „Der Gesamteindruck ist nicht hochwertig, es bestehtnennenswerter Handlungsbedarf“, sagt Gutachter Siepe und empfiehlt einen Neubau. Noch nicht ganz so schlimm, aber ähnlich sieht es in Gödringen und Hotteln aus. In Gödringen mangelt es ebenfalls an Größe, Räumen und Lagermöglichkeiten. Doch der Gutachter will dort die weitere Entwicklung abwarten, gerade im Hinblick auf die geplante Erweiterung des Neubaugebiets im Bereich Sonnenkamp.
Auch in Hotteln fehlt es an Platz und günstig gelegenen Parkplätzen für die Einsatzkräfte. Siepe schlägt dort mittelfristig eine Erweiterung, gar einen Neubau, vor. In Heisede und Schliekum gibt es indes nur geringfügige Einschränkungen, so Siepe. Schliekum braucht nur einen Unterstand für einen MTW. Bis auf Sarstedt verfügt außerdem kein Gebäude über eine Abgassauganlage. Diese ist vorgeschrieben, um krebserregende Emissionen der Dieselmotoren zu schlucken. Alternativ, weil kostengünstiger, eignen sich laut Siepe auch Anlagen zur Drucklufterhaltung. Wie Bürgermeisterin Heike Brennecke mitteilte,ist als Sofortmaßnahme bereits eine Dienstanweisung erlassen worden, dass der erste Fahrzeugführer das Löschfahrzeug ausder Halle fährt, weitere Kräfte erst danach zusteigen.
Dennoch ist klar: „Alle sieben Feuerwehrhäuser sollen bestehen bleiben“, betont Siepe. Denn durch die Standorte seien alle nennenswert besiedelten Bereiche des Stadtgebiets gut, teils auch mehrfach, abgedeckt sowie schnell erreichbar. Auch seien die Wohnungen der Feuerwehrleute nah genug bei den Wachen. Ein Knackpunkt: Der Großteil der Aktiven, nämlich 139 Kameraden, arbeitet außerhalb des Stadtgebietes. So sind werktags zwischen 7 und 16.30 Uhr – wenn die Wahrscheinlichkeit von Einsätzen am höchsten ist – nur rund 53 Aktive verfügbar. Als „markantes Tageszeitproblem“ bezeichnet Siepe diesen Umstand. Daher müssten immer parallel mehrere Ortsfeuerwehren alarmiert werden. Auch die Unterstützung durch eine hauptamtliche (Teil-)Stelle mit einen Gerätewart käme in Betracht.
Dafür hat die Demografie-Keule in Sarstedt noch nicht zugeschlagen. Neun Ehrenamtliche werden in fünf Jahren mit Vollendung ihres 63. Lebensjahres aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Dem gegenüber stehen 61 Teenager zwischen 13 und 18 Jahren, die von der Jugendfeuerwehrin die aktive Wehr wechseln könnten. „Man kann mit einer Übernahmequote von 50 Prozent rechnen“, sagt Siepe. Dennoch sei eine Steigerung der Mitgliederstärke – vor allem in Gödringen und Heisede – anzustreben. Als Werbeanreize schlägt Siepe unter anderem Vergünstigungen wie eine „Ehrenamtskarte“, das Einführen einer Feuerwehrrente oder Brandschutzerziehung als Wahlpflichtfach oder AG in Schulen vor.
Demnächst müssen fünf altersschwache Fahrzeuge in den Ruhestand, darunter eine 22-jährige Drehleiter und vier Löschfahrzeuge. Ersetzt wird ein 44 Jahre alter Anhänger durch einen Gerätewagen, der Trailer für das Mehrzweckboot sowie ein Schlauchanhänger. Siepe empfiehlt zudem zwei zusätzliche MTW, stationiert in Ruthe und Schliekum und einen Kommandowagen für die Einsatzleiter. Bisher fährt der diensthabende Brandmeister mit seinem Privatauto. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“, meint Siepe und bezeichnet das Sarstedter Führungsmanagement im Rotationsprinzipals „lobenswert“.
In der kommenden Woche treffen sich Ortsbrandmeister und Verwaltung, um über den 95 Seiten starken Bedarfsplan zu sprechen. Die Erkenntnisse aus der Zusammenkunft sollen in den nächsten Fachausschuss am 4. April einfließen, der Stadtrat soll am 21. Juni darüber beschließen.